Tierzucht
Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 Umsatzsteuergesetz/UStG sind Leistungen, „die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen“, mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu besteuern. In der Praxis ist es vielfach streitig, ob bestimmte Leistungen unmittelbar oder nur mittelbar einem der aufgezählten Zwecke dienen.
Erstellung von Sauenplänen, Betriebszweigauswertung
Ein eingetragener Verein, bestehend aus Mitgliedern wie Ferkelerzeuger/-produzenten, Ferkelaufzüchter und Mäster, rechnete folgende Dienstleistungen mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz ab: Grundgebühren pro Quartal (Abrechnung pro Quartal für aktive Landwirte); Führung der Sauenpläne, Betriebszweigauswertungen, Intensivberatungen und Trächtigkeitsberatungen. Ziel der Beratungen ist u. a., dem Landwirt Möglichkeiten zur Steigerung der Produktivität einer Zuchtsau, z. B. durch Optimierung der Leertage und Steigerung der Qualität der für die Mast bestimmten Ferkel, oder aber einen anzuratenden Austausch der jeweiligen Zuchtsau aufzeigen zu können. Der Landwirt ist zur Führung eines Sauenplans nicht verpflichtet und die Zuchtsauen sind nicht in einem Zuchtbuch eingetragen. Das Finanzamt führte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch und stellte fest, dass die genannten Dienstleistungen mit dem Regelsteueratz abzurechnen seien, da die Leistungen die Leistungs-/Qualitätsprüfung in der Tierzucht allenfalls mittelbar, jedoch nicht, wie von Gesetzes wegen gefordert, unmittelbar fördern würden. Das erstinstanzliche Finanzgericht/FG Münster (Urteil vom 23.5.2022, 5 K 714/20 U) folgte der Finanzamt-Auffassung. Die streitgegenständlichen Leistungen würden dem einzelnen Ferkelproduzenten lediglich ermöglichen, selbst entsprechende Maßnahmen im Betrieb konkret zu ergreifen bzw. umzusetzen. Auch mit reinen betriebsbezogenen Beratungen und der Sammlung und Darstellung des Betriebs in Zahlen mit entsprechender Auswertung und Handlungsempfehlung würde die Tierzucht des Ferkelproduzenten noch nicht gefördert.
Revision
Über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entscheidet letztlich der Bundesfinanzhof/BFH in dem Verfahren XI R 21/22. Betroffene Steuerpflichtige können sich auf dieses Verfahren berufen.
Stand: 27. November 2023
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