Private Veräußerungsgeschäfte
Werden ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen durch den/die Rechtsnachfolger veräußert, löst dieser Vorgang nicht selten hohe Einkommensteuernachzahlungen aus. Der/die Veräußerer sind sich oftmals darüber nicht bewusst, dass sie mit der Veräußerung ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft auslösen. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz/EStG gilt auch die Überführung von Landwirtschaftsflächen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe als Anschaffung. Nachversteuert werden muss in diesen Fällen die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Entnahmewert (Veräußerungspreis), sofern die während der Betriebszugehörigkeit des Grundstücks angesammelten stillen Reserven bisher noch nicht besteuert worden sind.
Der Fall
Zwei Geschwister hatten von ihrem Vater ein Grundstück aus seinem Landwirtschaftsbetrieb im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragen bekommen. Die beiden Erwerberinnen veräußerten das Grundstück für € 570.600,00. Im Übergabevertrag war ein Verkehrswert von € 300.000,00 angegeben. Einen Gewinn infolge der Entnahme der Grundstücke durch die Übertragung erklärte der ehemalige Landwirt nicht. Das Finanzamt setzte Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von
€ 559.018,00 (Veräußerungserlös abzüglich Buchwert in Höhe von € 11.582,00) fest. Die Veräußerer gingen hingegen von einem Veräußerungserlös von € 14.265,00 aus.
BFH-Urteil
Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte im Urteil vom 6.12.2021 (IX R 3/21) die Berechnungen des Finanzamtes. Der sogenannte „angesetzte Wert“, der im Fall einer Entnahme an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten tritt, ist der bis zum Zeitpunkt der Entnahme in der Bilanz (Vermögensübersicht) bzw. im Anlagenverzeichnis erfasste Buchwert. „Ein Wert ist nur im Sinne der Norm angesetzt, wenn er einer Steuerfestsetzung zugrunde gelegen hat“, so der BFH.
Fazit
Nach Auffassung des Gerichts hatte der ehemalige Landwirt das Grundstück mit einem Buchwert in Höhe von € 11.582,00 in seinem Betriebsvermögen erfasst und erfolgsneutral entnommen. Das Grundstück war daher bei der Überführung vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen mit diesem Buchwert ausgebucht. Dieser Wert gilt mithin bei der Besteuerung „angesetzt“. Nachdem es der Ex-Landwirt versäumt hatte, im Zeitpunkt der Übertragung der Grundstücke auf seine Kinder einen Entnahmegewinn zu erklären und zu versteuern, mussten die Kinder die gesamten stillen Reserven versteuern.
Stand: 29. Mai 2023
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