Wirtschaftsteil
Der Wirtschaftsteil (zur Begriffsdefinition vgl. Beitrag auf Seite 3) eines Landwirtschaftsbetriebes zählt zum begünstigten Vermögen i. S. des § 13a Erbschaftsteuergesetz/ErbStG. Das heißt, dass der Wirtschaftsteil unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder zu 85 % schenkungsteuerfrei im Wege der vorgenommenen Erbfolge übertragen werden kann bzw. bei Erwerb von Todes wegen ganz oder zu 85 % erbschaftsteuerfrei übergeht (Voll- bzw. Regelverschonung). Bei der Regelverschonung kommt noch ein „gleitender Abzugsbetrag“ von € 150.000,00 zum Ansatz, sodass bei der Regelverschonung Betriebe der Land- und Forstwirtschaft mit einem Wirtschaftsteil von € 1 Mio. zur Gänze steuerfrei bleiben.
Erwerb eines Nießbrauchsrechts
Besteht der Erwerb am Wirtschaftsteil eines Landwirtschaftsbetriebes nur in Form eines Nießbrauchsrechts, greifen die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Vergünstigungen nicht ein, wie das Finanzgericht (FG) Münster entschieden hat (Urteil vom 29.11.2018, 3 K 3014/16 Erb). Im Streitfall hatte ein Landwirt seinen Hof an seinen Sohn unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen. Der Nießbrauch ging nach seinem Ableben auf die Ehefrau auf deren Lebenszeit über. Die Ehefrau setzte in der Erbschaftsteuererklärung das Nießbrauchsrecht als steuerbegünstigtes land- und forstwirtschaftliches Vermögen bzw. als begünstigtes Betriebsvermögen an. Das Finanzamt sah dies anders, ebenso das Finanzgericht.
Urteilsbegründung
Ein Nießbrauchsrecht an einem landwirtschaftlichen Anwesen stellt zivilrechtlich lediglich ein Nutzungsrecht dar. Es erfolgte kein Übergang von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen. Nach Auffassung des Gerichts kann die ertragsteuerliche Qualifikation (dass nämlich der Nießbraucher als wirtschaftlicher Eigentümer die Erträge aus dem Landwirtschaftsbetrieb versteuern muss) nicht für die Beurteilung der Steuervergünstigung nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz herangezogen werden.
Aktuelles Revisionsverfahren vor dem BFH
Ob Nießbrauchsrechte zum steuerlich begünstigten Wirtschaftsteil eines land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG) zählen, wird der Bundesfinanzhof (BFH) in dem anhängigen Verfahren II R 9/19 abschließend klären.
Stand: 27. August 2019
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